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USA8990: 3. Monatsbericht (1.10. bis 4.11.1989)Home | Monatsberichte: 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 · 7 · 8 · 9 · 10 · 11 · 12 · 13 · 14 | Route |
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"Where are you folks coming from ?" (Woher kommt ihr ?), diese Frage haben wir in den letzten beiden Monaten wohl am häufigsten beantwortet. Wegen unserer Schweizer Nummernschildern sieht jeder sofort, dass wir Ausländer sind.
Da die Amerikaner keine Hemmungen haben, uns nach unserer Herkunft zu fragen, kommen wir mit vielen Leuten ins Gespräch. Dabei erfahren wir allerlei Interessantes über dieses Land und seine Bewohner. Sind wir erst einmal ins Plaudern gekommen, so fragen sie uns oft, ob Amerika so schön sei, wie die Schweiz. "It's different !" (Es ist anders), mit dieser Antwort ziehen wir uns immer wieder geschickt aus der heiklen Affäre. Ein Vergleich ist unmöglich, wenn schon müsste man die USA mit Europa vergleichen, denn die einzelnen Staaten sind genau so verschieden, wie die einzelnen Länder in Europa. Dies ist uns besonders im letzten Monat bewusst geworden, während unserer Reise quer durch Amerika, als wir folgende Nationalparks, bzw. National Monuments besucht haben:
Mit Ausnahme des "Rocky Mountain National Park", "Mesa Verde" und "Death Valley" sind die Attraktionen aller Parks durch Erosion entstanden. Vor 70 Millionen Jahren war das Gebiet dieser Parks zum letztenmal von einem riesigen Meer bedeckt. Durch den enormen Druck des aufsteigenden Magmas wurde die Kontinentalplatte schubweise angehoben. Vor 17 Millionen Jahren zerbrach diese in mehrere grosse Teile. Flüsse, Wind und Niederschläge fanden an den Kanten günstige
Angriffsflächen um das weiche Sand- und Kalkgestein abzutragen. Dabei entstanden natürliche Brücken ("Natural Bridges"), Gesteinsbogen ("Arches"), Täler ("Canyons"), Gesteinsnadeln ("Hoodoos") und unzählige weitere Gesteinsformen. Die verschiedenfarbigen Gesteinsschichten geben der Landschaft zusätzliche Reize.
Im "Badlands National Park" haben wir nicht nur schöne Gesteinsformationen gesehen, sondern auch eine Menge Wildtiere beobachten können. Am ersten Abend
entdeckten wir am Strassenrand Maultierhirsche. Wegen ihrer riesigen, charakteristischen Ohren nennen wir diese Tiere einfach "Ohren". "Ohren" begegneten wir auch in fast allen anderen Parks. Auf unserer Entdeckungstour am zweiten Abend stiessen wir zuerst auf Gabelböcke, antilopenähnliche Tiere. Später entdeckten wir die scheuen Präriehunde, welche unseren Murmeltieren ähnlich sehen. Riesige Gebiete werden von ganzen Kolonnien bewohnt, man spricht von "Prairie Dog Towns"
(Präriehund-Städten). Zum krönenden Abschluss begegneten wir den massigen Bisons. Einige Bullen grasten dicht am Strassenrand. Wenn sie uns mit ihren grossen Augen misstrauisch musterten, zogen wir es vor, weiterzufahren, bevor einer zum Angriff überging.
![]() Sandsteinformationen im Badlands NP |
![]() Pronghorn (Gabelböcke) |
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![]() Muledeer (Maultierhirsch, "Öhrli") |
![]() Bison |
Eine herrliche Zeit verbrachten wir im "Rocky Mountain National Park", der bis jetzt unser Lieblingspark geblieben ist. Wir hatten fantastisches Herbstwetter, kaum eine Wolke war am stahlblauen Himmel zu sehen. In den "Rockies" liegt die Baumgrenze wesentlich höher als in unseren Alpen, nämlich auf etwa 3500 Metern über Meer. Wir unternahmen drei wunderschöne Wanderungen. Die ersten beiden führten uns zum "Andrews Glacier", einem kleineren Gletscher in einem versteckten Seitental. Am ersten Tag erreichten wir den Gletscher von unten. Da wir keine Steigeisen dabei hatten, konnten wir nur bis etwa zur halben Höhe aufsteigen, dann wurde das Eis zu steil und rutschig. Am zweiten Tag gelangten wir von oben an den Gletscher. Da es wärmer war, als am Tag zuvor, war das Eis an der Oberfläche etwas weicher. Wir rutschten auf unseren Wanderschuhen die etwa ein Kilometer lange Eisfläche hinunter. War das ein Riesengaudi ! Am letzten Tag unternahmen wir die bisher anstrengenste, aber auch schönste Wanderung unserer Amerikareise: Wir bestiegen den 4345 Meter hohen "Longs Peak". Die Tour begann morgens um sieben Uhr auf 2900 Meter über Meer. Gegen Mittag hatten wir zwar mehr als drei Viertel des Weges hinter uns, doch oberhalb viertausend Metern war die Luft so dünn, dass wir alle fünf Minuten eine Pause machen und verschnaufen mussten. Zudem hatten wir eine vereiste Rinne hochzuklettern. Susanne hatte manchmal zu kurze Beine, um die grossen Felsbrocken zu erklimmen, doch gemeinsam schafften wir es schliesslich. Um dreizehn Uhr standen wir ausser Atem und mit rasenden Herzen auf dem Gipfel. Wir wurden dafür mit einer fantastischen Aussicht belohnt, im Osten erstreckte sich die endlose Steppe, die wir vor wenigen Tagen durchquert hatten, im Westen reihten sich die zahllosen Bergspitzen der "Rockies" aneinander.
Ein weiterer Nationalpark, der uns besonders gut gefallen hat, ist der "Arches National Park". Mit dem Auto fuhren wir über die Parkstrasse. Dabei kamen wir an Gesteinsformationen vorbei, die, je nach Fantasie des Betrachters, tier- oder menschenähnliches Aussehen haben. In verschiedenen Abschnitten des Parkes haben Wind und Regenwasser im Laufe der Jahrtausende zuächst kleine Nischen, dann Höhlen und Löcher herauserodiert, die sich schliesslich zu Steinbögen ausweiteten. Ein besonders schönes Exemplar ist der "Delicate Arch", zu dem wir gewandert sind. Eine etwas längere Wanderung führte uns zum "Landscape Arch", dem grössten Gesteinsbogen der Welt.
![]() Gesteinsformationen im Arches NP |
![]() Delicate Arch im Arches NP |
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![]() Landscape Arch im Arches NP |
![]() Double-O Arch im Arches NP |
Die anderen Nationalparks waren aber nicht weniger interessant. Wir unternahmen auch hier viele Wanderungen. Wenn wir jeweils in einem neuen Nationalpark ankamen, so erforschten wir diesen am ersten Tag stets mit dem Auto, am nächsten Tag suchten wir uns dann eine schöne Wanderung aus und durchstreiften die unberührte Natur zu Fuss. In diesem Monat marschierten wir mehr als zweihundert Kilometer, unsere schönen Wanderschuhe haben schon arg gelitten !
Rund
um das Vierstaateneck "Four State Corners" (Colorado, Utah, Arizona und New Mexico) gibt es verschiedene Indianerreservate. Das grösste davon ist das "Navajo Indian Reservation", in dem sich das "Monument Valley" befindet. Dies gab uns Gelegenheit, mit Indianern in Kontakt zu kommen. Normalerweise sind diese Leute eher zurückhaltend, aber an den Ständen, an denen sie ihr Kunsthandwerk anbieten, kamen wir ab und zu ins Gespräch. Besonders mit einer Frau, die uns einen sehr cleveren
Eindruck machte, haben wir lange geplaudert. Sie erklärte uns die Bedeutung der Monate in der Navajosprache. Die Monatsnamen beschreiben ein Ereignis in der Natur, oder eine Tätigkeit der Indianer zu dieser Zeit. So befinden wir uns im Moment im "Monat der kleinen, kalten Winde". Jedem Monat ist ein Stein zugeordnet, der eine bestimmte Bedeutung hat. Indianer tragen Schmuck mit Steinen, die zu ihrem Geburtsmonat gehören. Viele Indianer sprechen heute besser Englisch als ihre eigene Sprache.
Ein kleines Mädchen erzählte uns, dass sie fünf Tage in der Woche zur Schule gehe und dass es viel einfacher sei, Englisch zu lernen als die Navajosprache. Ihre Grossmutter bringe ihr die Technik der Kunsthandwerke bei und lerne ihr die Navajo-Indianersprache. Sie selber wohne in einem Haus, aber ihre Grossmutter lebe in einem traditionellen Kiva, einer Lehmhütte, die unter dem Boden gebaut ist. Die Indianersiedlungen machten auf uns einen ärmlichen, verlotterten Eindruck, die
Fahrt durch das Indianergebiet war manchmal etwas bedrückend. Wir konnten gut verstehen, dass die Indianer oft eine Wut auf die Weissen haben, die mit ihren prunkvollen Motorhomes durch die Indianerreservate fahren und auf überhebliche Weise versuchen, die Preise der Souvenirs hinunterzudrücken. Dabei sind es nämlich die Weissen, die mit ihren Souvenirläden versuchen, das grosse Geschäft mit den Kunstwerken der Indianer zu machen. Die Preise dort sind oft ein Mehrfaches von
dem, was wir bei den Indianerständen bezahlt haben. Trotz allem hatten wir den Eindruck, dass sich die Indianer im Navajogebiet mit der heutigen Situation ihres Volkes wesentlich besser abgefunden haben, als die Indianer in South Dakota. Die Amerikanerin, die den Campingplatz bei den "Badlands" führt, hatte uns erzählt, ihr Mann arbeite als Arzt im nahen Indianerreservat. Dieser Indianerstamm werde vom Staat finanziell kräftig unterstützt, doch die Leute könnten mit dem Geld
nicht sinnvoll umgehen. Sie würden es sofort in Alkohol und Süssigkeiten umsetzten. Alkoholismus und Zuckerkrankheit seien die Folgen. Sie hätte auch versucht, Indianer auf dem Campingplatz zu beschäftigen, aber die Leute seien sehr unzuverlässig gewesen. Nach dem ersten Zahltag seien sie erst wieder zur Arbeit erschienen, als sie kein Geld mehr hatten. Man darf aber nicht vergessen, dass das ganze Elend der Indianer durch die rücksichtslose Eroberung Amerikas und die
unwiederbringliche Zerstörung der indianischen Kultur durch die Weissen verursacht wurde. Nur mit Geld ist dies nicht wieder gutzumachen !
![]() Gesteinsformationen im Canyonlands NP |
![]() Gesteinsformationen im Canyonlands NP |
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![]() Ruine im Mesa Verde NP |
![]() Ruine im Mesa Verde NP |
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![]() Monument Valley NM |
![]() Monument Valley NM |
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![]() Bryce Canyon NP |
![]() Bryce Canyon NP |
![]() Bryce Canyon NP |
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![]() "The narrows" im Zion NP |
![]() Reto in den "narrows" |
![]() Zion Canyon im Zion NP |
Der letzte Nationalpark dieser Etappe, der "Grand Canyon National Park", war ein weiterer Höhepunkt. Am letzten Tag sind wir zu Fuss zum "Colorado River" hinunter und wieder zurück gewandert. Dies war unsere bisher längste Wanderung, doch wir benötigten wesentlich weniger Zeit, als erwartet. In sämtlichen Broschüren hiess es immer, es sei dringend von einem eintägigen Ausflug in den Canyon abzuraten. Dies wahrscheinlich vorallem, um den Umsatz des Hotels und Campingplatzes am Grund des Canyons zu steigern. Während des Aufstieges aus dem Canyon haben wir sogar eine Gruppe von Reitern überholt, die mit Maultieren vom "Colorado River" zum Canyonrand unterwegs waren.
![]() Seitental im Grand Canyon NP |
![]() Colorado River im Grand Canyon NP |
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![]() Wanderweg im Grand Canyon NP |
![]() Sonnenaufgang im Grand Canyon NP |
Nach den sechs Wochen Abgeschiedenheit in den Wüstengebieten von Utah, Colorado, Arizona und Nevada, war die Ankunft in Las Vegas eine willkommene Abwechslung. Die Smogglocke über der Stadt war zwar nicht gerade einladend, aber zu unserer Ueberraschung erwarteten uns nicht verrauchte und vergammelte Spielhöllen, sondern Spielkasinos, in denen eine angenehme Atmosphäre herrschte. Einzig der Campingplatz war keine Augenweide, sondern sah so aus, wie der Parkplatz vor dem Hallenstadion. Aber wer verbringt schon die Zeit in Las Vegas auf dem Campingplatz ! Eine positive Ueberraschung waren die Preise in den Restaurants. Für ganze $2.99 und $.89 haben wir uns die Bäuche an einem Frühstücks-, beziehungsweise Abendessenbuffet vollgeschlagen. "All you can eat" (iss so viel, wie du willst) war das Motto. Der Weg zum Buffet führt durch endlose Spielsäle. Die Idee ist natürlich, dass die Leute ihr Geld zuerst dort loswerden, bevor sie essen gehen. In unserem Falle ist die Rechung nicht aufgegangen. Wir verliessen Las Vegas mit einem Spielgewinn von $ 6.50.
![]() Kurz vor Las Vegas |
![]() Spielcasions in Las Vegas |
![]() Circus Circus - Spielkasino, Hotel und Campingplatz |
Auf dem Weg nach Los Angeles besuchten wir den tiefstgelegenen Punkt der westlichen Hemisphäre, das "Death Vally", das für seine hohen Temperaturen berühmt ist. Doch im November ist das Klima angenehm.
![]() Blick von Dantes View ins Death Valley NM |
![]() Farbenprächtige Hügelzüge im Death Valley NM |
![]() Sanddünen im Death Valley NM |
Am 4. November erreichten wir Los Angeles. Auf dem Campingplatz erwartete uns ein Stapel Briefe, über die wir uns riesig freuten. Herzlichen Dank dafür. Verschiedentlich wurden wir gefragt, wie wir all die Eindrücke überhaupt verarbeiten können. Wir haben uns bemüht, in jedem Park zwei bis drei Tage zu verbringen, um die Natur auch auf Wanderungen zu erleben. Auf diese Weise haben wir mehr Zeit, die Eindrücke zu verschaffen, als wenn wir mit dem Auto in nur einem Tag durch den Park fahren würden. Anderseits schieben wir bewusst Ruhepausen ein, in denen wir nichts anschauen gehen, wie jetzt diese Woche in Los Angeles. Zusätzlich schreiben wir viel Briefe und führen ein Tagebuch.
Nun befinden wir uns also in Los Angeles auf einem Campingplatz gegenüber des Disneylands. Nächstes Wochenende fahren wir zusammen mit Hermann Müller nach San Franzisco, wo wir ein paar Tage verbringen werden. Danach fahren wir nach San Diego, wo uns ein schönes Abenteuer erwartet. Doch davon erfahrt Ihr im nächsten Bericht ...
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usa8910.html (überarbeitete Version) / 22-Apr-2009 (ra) / reto ambühler